Internationaler Holocaust Gedenktag 2023: Gedenkakt der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und des Bayerischen Landtags für die Opfer des Nationalsozialismus

MÜNCHEN, 25.01.2023 – Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten und der Bayerische Landtag haben heute auf dem Friedhof am Perlacher Forst in einem gemeinsamen Gedenkakt an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Im Mittelpunkt standen in diesem Jahr Friedhöfe als Gedenk- und Erinnerungsorte sowie die große Zahl an polnischen Opfern des Nationalsozialismus, die sich auch am Ehrenhain I auf dem Friedhof am Perlacher Forst widerspiegelt. Neben Stiftungsdirektor Karl Freller und Landtagspräsidentin Ilse Aigner sprachen bei der Veranstaltung auch der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München Dieter Reiter sowie Magdalena Wężyk, die Urenkelin des am Friedhof am Perlacher Forst begrabenen polnischen Ermordeten Julian Bartys. Am Gedenkakt nahmen auch die Überlebenden und Zeitzeugen Abba Naor und Ernst Grube teil. Die Feierstunde wurde live im BR Fernsehen übertragen.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner unterstrich in ihren Gedenkworten: „Die Verteidigung der Demokratie beginnt mit einem guten Gedächtnis. Auch deshalb setze ich mich für ein nachhaltiges, aufrichtiges, empathisches Gedenken ein, weil ich überzeugt bin: Die Erinnerung an die Vergangenheit macht uns nicht schwächer – sie macht uns stärker. Wer verstanden hat, wozu Menschen imstande sind, vergisst das nie wieder. Wir können nicht jedes Unrecht verhindern. Aber wir können uns wappnen – gegen die Ungeheuerlichkeiten, die möglich bleiben.“

Der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, betonte in seiner Ansprache: „Der Ehrenhain I auf dem Friedhof am Perlacher Forst ist die drittgrößte KZ-Grabstätte in Bayern. Er ist gleichermaßen ein Erinnerungsort und ein Ort der Aufarbeitung. Neben den großen Ehrenfriedhöfen in Dachau und Flossenbürg existieren im gesamten Freistaat heute 75 KZ-Grabstätten. Oftmals sind sie die letzten steinernen Zeugen der NS-Verbrechen in Bayern. Es muss unsere Aufgabe sein, sie aktuell ins Bewusstsein der Menschen zu bringen und nicht nur, sie als Gedenkorte zu erhalten. … Mit unserem gemeinsamen Gedenken bestätigen wir gleichzeitig unsere historische Verantwortung und bekräftigen unsere Bereitschaft für heute und die Zukunft, derartiges Unrecht nie wieder zuzulassen.“

Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, Dieter Reiter, sagte in seiner Rede: „Wir werden auch niemals müde werden, an die Opfer der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft zu erinnern und für Toleranz und Weltoffenheit einzutreten. Und für eine lebendige und wehrhafte demokratische Stadtgesellschaft, für Freiheitsrechte, für die Rechte von Minderheiten und Andersgläubigen. Und all denjenigen, die an diesen Grundfesten des friedlichen, solidarischen und mitmenschlichen Zusammenlebens rütteln, sei gesagt, dass wir sie niemals gewähren lassen. Das sage ich hier und heute vor dem Hintergrund unserer historischen Verantwortung, das sage ich den Feinden der Demokratie und dies ist auch Konsens in der gesamten demokratischen Münchner Stadtgesellschaft, die den Feinden der Demokratie jedes Mal aufs Neue die Stirn bietet.“

Magdalena Wężyk, die Urenkelin des am Friedhof am Perlacher Forst begrabenen, polnischen Ermordeten Julian Bartys, hob hervor: „Für mich und meine Familie ist dies ein besonderer Ort und er hat eine große emotionale Bedeutung. Als ich erfahren habe, wo die Urne meines Urgroßvaters bestattet ist, war ich fassungslos vor Freude. Jetzt können wir ihn besuchen, eine Kerze in den Grablampen anzünden. Am 1. September 2021 war ich bei der Einweihung der neuen Gedenkstätte anwesend, ein für mich sehr berührendes und bewegendes Ereignis. Ich bedaure nur, dass meine Urgroßmutter, seine Kinder und mein Vater das nicht miterleben konnten, aber ich habe ihren sehnlichen Wunsch, den Bestattungsort zu finden, erfüllt.“

Die musikalische Gestaltung des Gedenkakts wurde von drei jungen Musikerinnen und Musikern aus dem ATTACCA Jugendorchester der Bayerischen Staatsoper übernommen, die zusammen mit einem weiteren jungen Musiker im LAVA-Quartett (Flöte) spielen. Sie alle sind auch Mitglieder des Bayerischen Landesjugendorchesters. Vor dem Gedenkakt legten Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Stiftungsdirektor Karl Freller, Oberbürgermeister Dieter Reiter, der Generalkonsul der Republik Polen Jan Maciej Malkiewicz sowie Magdalena Wężyk, Urenkelin des am Ehrenhain I bestatteten Ermordeten Julian Bartys am Ehrenhain I Kränze nieder. Zahlreiche Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Politik und Kirche nahmen an dem Gedenken teil, darunter Mitglieder des Landtagspräsidiums, der Bayerischen Staatsregierung sowie der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, und Erich Schneeberger, Vorsitzender Verband Deutscher Sinti und Roma Landesverband Bayern.

Zu der Gedenk- und Erinnerungsstätte auf dem Friedhof am Perlacher Forst gehören der Ehrenhain I, in dem fast 4.000 KZ- und „Euthanasie“-Opfer aus 17 europäischen Ländern beigesetzt sind; mehr als die Hälfte davon – darunter auch sehr viele Geistliche – stammt aus Polen. Darüber hinaus befinden sich auf dem Friedhof der Ehrenhain II, in dem Opfer des Nationalsozialismus ruhen, die aus politischen Gründen im benachbarten Gefängnis Stadelheim ermordet wurden, die Gräber der Geschwister Sophie und Hans Scholl und weiterer Mitglieder von Widerstandsgruppen, die Kriegsgräber neun polnischer Soldaten sowie eine Gedenkanlage für Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Displaced Persons.

Traditionell veranstalten der Bayerische Landtag und die Stiftung Bayerische Gedenkstätten jährlich gemeinsam den Gedenkakt für die Opfer des Nationalsozialismus. Ziel dieses Gedenkens ist nicht nur die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, sondern auch die Mahnung an die junge Generation, derartiges Unrecht nie wieder zuzulassen.

Pressefotos des Gedenkakts auf dem Friedhof am Perlacher Forst können ab dem frühen Nachmittag kostenlos heruntergeladen werden unter www.bayern.landtag.de/aktuelles/presse/pressefotos/.